Loslassen
Wenn wir einen Menschen verlieren, dann ist wohl die schwerste Aufgabe das Loslassen. Leben bedeutet Veränderung und, was wir alle nicht gerne hören, dass wir auch immer etwas hergeben müssen, um etwas Neues zu erhalten. Wenn wir einen geliebten Menschen hergeben müssen, dann bekommen wir keinen Ersatz dafür. Ein Mensch ist einfach unwiederbringlich und ist durch nichts zu ersetzen. Es bleibt für immer diese Lücke in unserem Leben. Hoffentlich gibt es andere Freunde, die Familie in der Umgebung, doch einen Ersatz für diesen einzigartigen Menschen hwird es nicht geben. Doch manchmal, wenn wir Glück haben, entwickeln sich auch neue Aspekte in dem weiteren Leben.
Grabrednerin - 7. Mai, 08:26
Wir haben ein Gefühl dafür, wie alt ein Mensch werden kann. Das führt auch leider dazu, dass Tötungsdelikte an Menschen über 60 Jahren fast nicht mehr aufgeklärt werden, da niemand sich ernsthaft darum kümmert, warum dieser Mensch gestorben ist. Aber das ist ein anderes Thema. Wenn ein junger Mensch stirbt, dann tritt als erstes die Gerichtsmedizin in Aktion. Mein Bruder ist vor 3 Jahren an seinem 2. Herzinfarkt mit 51 Jahren gestorben. Er war mit dem Fahrrad unterwegs als ihn der Herzinfarkt traf. Spaziergänger haben ihn erst nach Stunden gefunden. Die Ärzte von der Gerichtsmedizin haben eine Autopsie vorgenommen, und dann einen natürlichen Tod festgestellt. Doch es hat sehr lange gedauert, bis wir meinen Bruder danach beerdigen konnten. Es ist für die Angehörigen ein sehr belastender Zustand, wenn die Beerdigung erst nach 2 Monaten, wie bei meinem Bruder, stattfinden kann. Ich wünsche allen Menschen, dass sie nicht in die Situation kommen.
Grabrednerin - 6. Apr, 16:47
Das wir unsere nahen Angehörigen, Freunde, Kollegen mit einer würdevollen Beisetzung bestatten ist im Sinne der Menschheitsgeschichte eine noch gar nicht so lange Tradition. Die ersten Funde von Begräbnissen sind in Israel vor ungefähr 90 bis 120.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert. Dennoch sind nur ca. 60 Grabstätten für den langen Zeitraum der Frühgeschichte von etwa 100.000 Jahren gefunden worden. Wahrscheinlich wurden am Anfang der Beerdigungen nur Könige und hohe Priester bestattet. Mit der Individualisierung des Menschen hat heute jeder das Recht auf eine würdige Bestattung. Es ist schön, wenn Menschen zusammenkommen, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu geben. Es ist ein Respekt vor dem Leben des Verstorbenen, aber auch ein Respekt vor dessen Tod. Umso trauriger ist es, wenn ein Mensch alleine den letzten Weg gehen muss. Vor der Trauerfeier, die ich heute abgehalten habe, wurde ein 75jähriger Mann beigesetzt und niemand stand an seinem Grab. Es hat mich zutiefst erschüttert diese Geschichte zu hören.
Grabrednerin - 15. Mär, 20:05
Viele Menschen, die einen Partner verloren haben, kennen die Schwierigkeit, die persönlichen Dinge des Partners nach seinem Tod zu verschenken oder einfach wegzugeben. Besonders schwer ist es, wenn man eine gemeinsame Wohnung oder ein Haus beweohnt hat. Das Leben muss nun ganz neu gestaltet werden. Aber auch im normalen alltäglichen Leben gibt es immer mal wieder Situationen, in denen wir aufräumen müssen. Wer kennt den Gedanken nicht, ich müsste mal den Keller oder den Speicher aufräumen.
Auch dies sind Situationen des Abschieds und wir in unserer westlichen Kultur sind damit ziemlich allein gelassen. Wir machen es uns nicht klar, dass es ein schmerzhafter emotionaler Abschied ist, wenn wir die Lieblingsbluse, die nun schon sehr ausgewaschen ist, wegwerfen müssen. Zu viele Erinnerungen hängen an den persönlichen Gegenständen. In der asiatischen Kultur ist der Gedanke der Reinigung des Hauses, das space clearing, viel verbreiteter. Es dient dazu, Ballast abzuwerfen, den Geist zu reinigen und viele frische neue Energien zu beleben. Dinge, die lange im Haus bleiben, ohne dass sie benutzt werden, besetzten dennoch viel Energie des Besitzers, sie blockieren oft die Freude und die Spontanität. Ich wünsche mir manchmal, dass wir auch ein Abschiedsritual hätten, das es uns leichter macht, sich von unnützen Dingen trennen zu können.
Grabrednerin - 27. Feb, 11:00
Wir haben so viele Rituale für den Beginn eines neuen Lebens, eines neuen Jahres, den Beginn einer Partnerschaft, aber wir haben fast keine Rituale für das Ende eines Lebens oder einer Liebe wenn eine Trennung unumgänglich ist. Das einzige Abschiedsritual, das mir einfällt ist die Zahnfee, die einen ausgefallenen Milchzahn mitnimmt und dafür ein Geschenk dalässt. Danach, bis zum letzten Abschied, fehlen uns die Rituale. Unser letztes Abschiedsritual ist in geprägt von religiösen Traditionen so unterschiedlich sie auch sein mögen. Auch ich als weltliche Trauerrednerin bin an dieses Ritual gebunden und es gab in meiner langen Zeit als Trauerrednerin nur einen Abschied, der anders war. Viele der Menschen, die hier zusammen kamen, trugen etwas zur Feier bei. Es waren Lieder, Gedichte, persönliche Worte des Erinnerns. Während der Abschiedsfeier gab es eine Zeit, in der die Trauergäste miteinander Erinnerungen austauschen konnten. Ich möchte diese Form nicht als Standard erheben, doch das Erlebnis hat mir gezeigt, dass wir eher hilflos und suchend sind, wenn wir neue Formen des Abschiedsnehmens ausprobieren wollen.
Grabrednerin - 10. Feb, 11:32
Es ist wohl das traurigste überhaupt wenn ein KInd vor den Eltern stirbt. Wenn es dann sorgar stirbt, kurz nachdem es geboren wurde, ist das Leid fast unerträglich. Neun Monate Freude, Hoffen, Bangen haben die Eltern bis zur Geburt getragen. Es ist eine schöne aber auch eine beschwerliche Zeit für die Eltern. Das ganze Leben wird auf den neuen Ankömmling abgestellt. Doch dann geschieht es. Das Kind wird geboren und es lebt nicht einmal 24 Stunden. Manchmal kann auch alle medizinische Versorgung das Leben nicht retten.
Ein besonderer Schock wartet noch auf die Eltern, Kinder die unter 500 Gramm wiegen, werden noch nicht einmal beerdigt. Die deutschen Bundesländer haben alle eigene Bestimmungen, aber die Grenze von 500 Gramm ist ziemlich einheitlich. Es gibt Initiativen und ganz selten ein Beerdigungsinstitut, das sich über diese Bestimmungen hinwegsetzt. Ich wünsche allen Eltern, die dieses Schicksal erleiden müssen, dass Sie es schaffen, dieses Kind würdig zu beerdingen.
Grabrednerin - 21. Jan, 12:55
Wenn ein Trauerfall eintritt, befinden sich die Angehörigen fast immer in einem Ausnahmezustand. Sie müssen nicht nur mit der Trauer, die sie überfällt, fertig werden. Es sind auch ganz viele Aufgaben zu bewältigen. Ich stelle Ihnen ein paar Informationen zusammen, die Sie dann in gebündelter Form unter dem Punkt zu erledigen finden.
Viele Menschen wünschen sich zu Hause im Kreise der Familie zu sterben. Sie wünschen sich in einer gewohnten Umgebung einen würdevollen Abschied. Und wenn die Familie sich als stark genug empfindet, diesen Weg mitzugehen, dann ist es sicher für alle zusammen ein besonderes inniges Erlebnis.
Was die Familienangehörigen meistens nicht wissen, ist, dass der Notarzt, der gerufen wird, um den Tod festzustellen, gesetzlich verpflichtet ist, die Polizei zu verständigen. Es werden zwei Polizeibeamten kommen und Fragen über den Verstorbenen bezüglich seines Ablebens stellen. Diese Beamten sind meistens nicht auf ihre Aufgabe vorbereitet und befinden sich nicht so oft in der Situation. Wenn alle Beteiligten sich mit Respekt und Einfühlungsvermögen begegnen, dann wäre sehr viel gewonnen.
Grabrednerin - 10. Dez, 11:49
Noch einmal Pascal Mecier mit seinem Buch „Nachtzug nach Lissabon“ Er schreibt: „Es ist ein Irrtum zu glauben, die entscheidenden Momente eines Lebens, in denen sich eine gewohnte Richtung für immer ändert, müssten von lauter und greller Dramatik sein, unterspült von heftigen inneren Aufwallungen. Das ist ein kitschiges Märchen. In Wahrheit ist die Dramatik einer lebensbestimmenden Erfahrung oft von unglaublich leiser Art.“ Dazu gehört auch der Anruf, der einem sagt, dass der geliebte Mensch nicht mehr unter uns weilt. Wenn Sie dieses Tagebuch lesen, dann haben Sie es wahrscheinlich selbst schon erfahren. Es ist ein kurzer Anruf, meist ist nur ein Satz nötig, der bereits erwartet wurde, aber wenn er eintrifft, dann doch so unglaublich ist. Das Gespräch wird mit leisem „Auf Wiedersehen“ beendet und eigentlich ist es so als wäre nichts geschehen und doch zerreißt dieser Anruf das eigene Leben in zwei Hälften, davor und danach.
Grabrednerin - 16. Nov, 15:46