Montag, 15. Juni 2009

Verschollen

Wenn ich so darüber nachdenke, dann lag der Beginn meiner Beschäftigung mit Trauer noch ein paar Jahre länger zurück. Meine beste Freundin, sie war gerade 30 geworden, machte sich auf zu einer Segeltour. Sie starteten von Südfrankreich aus und wollten als erste Station die Balearen ansteuern. Wir waren alle neidisch auf dieses Abenteuer. So gingen die Wochen dahin und alle waren gespannt auf die erste Nachricht. Damals gab es noch kein Internet, jedenfalls nicht in der Verbreitung wie heute, also hingen wir am Telefon. Doch die Tage und Wochen vergingen und kein Lebenszeichen kam durch die Leitung. Die Eltern machten sich auf, starteten eine großangelegte Seenotrufaktion, aber die Leitungen blieben stumm. Bis heute, es ist 20 Jahre her, hat man weder das Boot oder Bootsteile noch meine Freundin oder die anderen Segler vom Boot gefunden. Viele Jahre begleitete mich meine Freundin in meinen Träumen, manchmal erschien sie mir auch, wenn ich ganz alleine war und sagte mir, ich solle nicht traurig sein. Dabei war ich lange Zeit mehr wütend auf diese ganz unglaubliche Situation. Wir lebten nicht mehr im letzten Jahrhundert, unsere Welt ist so erklärbar geworden, wir glauben so oft, wir haben die Welt und die Naturgewalten im Griff. Wir können zum Mond fliegen, inzwischen zum Mars und dann verschwindet ein Mensch einfach so. Auch in diesem Fall gab es kein Grab, keinen Abschied, so dass wir mit unserer Trauer nicht aufgehoben waren.

Sonntag, 7. Juni 2009

Wie alles anfing

Ich habe mir einen etwas ungewöhnlichen Beruf ausgewählt, ich begleite Menschen bei ihrem letzten Gang auf dem Friedhof. Eigentlich begleite ich mehr die Angehörigen, denn sie müssen mit all dem Schmerz und der Trauer fertig werden. Eine ungeheure Fassungslosigkeit macht sich breit, das das Unmögliche geschehen ist, und der geliebte Mensch nicht mehr wiederkommen wird.

Meine erste Trauerrede habe ich für einen sehr nahen Verwandten gehalten. Er hatte seinen Körper der Wissenschaft übergeben und das bedeutete, eine Beerdigung war erst nach 2 Jahren möglich. Doch nach dieser langen Zeit ist es kaum noch möglich, sich gefühlvoll zu verabschieden. Zu viele Veränderungen treten ins Leben, auch die Trauer und der Kummer verändern sich. So habe ich damals beschlossen eine Trauerfeier ohne den Verstorbenen zu veranstalten.

Erst viele Jahre später wurde mir wirklich bewusst, wie wichtig es ist, sich verabschieden zu können, eine schöne Feier zu haben und vor allem einen Ort, an dem die eigene Traurigkeit ihren Platz hat. So wurde ich Trauerrednerin.

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